Betrug mit Steam-Karten, gehackte ebay- & gefälschte PayPal-Konten & alles an diesem Wochenende

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Ein Fall, wie eine Räuberpistole aus einem schlechten Tatort-Krimi in der ARD.

Eine Wochenend-Kolumne von Matze Lentzsch

Betrug im Internet, Betrug am Telefon, falsche Polizisten an Haustüren, der Enkeltrick, Kaffeefahrten mit Verkaufsshow.

Wer kennt mittlerweile nicht selbst eine ganze Litanei an Betrügereien von denen man schon gehört oder vor denen man schon gewarnt wurde.

Und jeder denkt sich, wenn er von diesen Fällen hört oder liest:
„Wie kann man nur auf so etwas Banales hereinfallen?“

Oh doch, man kann.

So zumindest erging es meinem Schwiegervater (83), der eigentlich immer ein „kühler Rechner“ war, da selbst in früheren Zeiten mit Herz und Seele Buchhalter.

Doch der Reihe nach…


Vor ein paar Tagen fuhr mein Sohn mit seinem (besagten) Opa mit dem Auto zum Einkaufen.

Im Anschluss führte sie ihr Weg zu einer Tankstelle. Dort wollte der Opa etwas an der Kasse umtauschen.

Der Verkäufer aber schüttelte mit dem Kopf und meinte, diese Ware kann man nicht umtauschen.

Es handelte sich um Gutschein-Karten von der Firma Steam.

Fünf Stück an der Zahl und jewels im Wert von 50,- €.

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Ja richtig gelesen, ein 83-jähriger Mann hatte Gutschein-Karten für ein Onlineportal, das ausschließlich für PC- Spieler nutzbar ist, im Wert von 250,- € an einer Tankstelle gekauft.

Daraufhin bekam mein Sohn diese Karten, nebst Kassenbon in die Hand gedrückt, mit der Frage, ob er diese nicht brauchen könne. Dafür würde er nur die Hälfte an Geld wieder haben wollen.

Mein Sohn erklärte ihm daraufhin, dass er keine PC Spiel machen würde, da er eine PS4 zu Hause hat.

Daraufhin die Frage, ob mein Sohn diese dann nicht irgendwie verkaufen könnte, den Gewinn würde er dann immernoch teilen mit ihm.


Natürlich bedurfte es, als mir meine Sohn diese fünf Karten unter die Nase rieb einer Erklärung.


Erst nach einigem Herumdrucksen kam mein Schwigervater dann allerdings mit der Sprache heraus.

Er war auf einen Betrug hereingefallen.

Am Telefon wurde er ein paar Tage vor dem Kauf von einer netten Frau Bekker, wie sie sich vorstellte, darüber informiert, dass er 28.000 € gewonnen hätte.

Bei jedem Menschen sollten da schon die Alamglocken schellen.

Doch die „nette Frau Bekker“ verwickelte ihn in ein persönliches Gespräch. Sie heuchelte Verständnis für seine anfängliche Skepsis diesem Anruf gegenüber und da zappelte der „Fisch“ schon am Haken.

Und der besagte Haken an der Sache war nämlich, dass das Geld persönlich von einem Geldkurier, in Begleitung eines Notars zu ihm ins Haus gebracht werden müsse, diese beiden Serviceleistungen müssten allerdings im Voraus bezahlt werden.

Dies konnte man aber nicht (aus welchen Gründen auch immer) mit einer normalen Geldüberweisung, sondern man wies meinen Schwiegervater an, diese Steam-Gutscheinkarten zu erwerben und die darauf befindlichen Codes darauf per Telefon oder Mail zu übermitteln.

Auch hier hätten die Alarmglocken in der Stärke einer Kirchenglocke anschlagen müssen.

Doch Fehlanzeige, stattdessen kaufte er, ohne wenigstens einmal jemanden zu fragen oder sich einen Rat zu holen diese besagten Karten.

Beim Übermitteln des Codes scheiterte es dann allerdings wohl an der technischen Umsetzung und scheinbar hatte ihn dann auch der kühle Menschenverstand wieder eingeholt.
„Ich habe da glaube ich einen Fehler gemacht“, hatte er dann zu meinem Sohn gesagt.


Solche Karten allerdings zu verkaufen ist nicht ganz so einfach.

Denn viele spielen heute nicht mehr am PC Videogames, sondern an Spielekonsolen, wie Playstation, Wii oder X-Box.

Im Bekanntenkreis jedenfalls wollte diese niemand kaufen. Nicht einmal als Schnäppchen für 40,- statt 50,-€.

Daher versuchten wir es bei ebay-Keinanzeigen.

Gesagt, getan. Anzeige geschrieben, Bilder mit den fünf Karten darauf und Anzeige hochgeladen .

Fünfzehn Minuten später die Meldung:

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„Deine Anzeige wurde gelöscht, da der von dir angebotene oder gesuchte Artikel oder die Dienstleistung bei eBay Kleinanzeigen unzulässig ist.

Keine weiteren Angabe von Gründen.

Also nochmals – Anzeige geschrieben, Bilder geändert mit nur einer Karte darauf und Anzeige hochgeladen .

Fünfzehn Minuten später, das selbe Spiel.

Frust pur…


Dann also nächster, etwas aufwendigerer Versuch – Mein Account bei Ebay.de.

Schnell noch am Samstag gegen 22:00 Uhr die Anzeige, mit ausführlicher Beschreibung, jeweils einer der Karten und dem Kassenbon auf den Bildern hochgeladen.

Vermerk: Versand der Karten per Einschreibebrief, mit separaten Gebühren, oder Übermittlung des Codes auf Wunsch, nach Zahlungseingang.
Festpreis!

Und siehe da, die Anzeige ging online und da wir ja 5 Karten zu verkaufen hatten, clonte ich die Anzeige und stellte eine Zweite online.

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Sonntagmorgen dann…

Große Freunde, denn beide Karten waren schon eine Stunde nach Einstellung der Anzeigen verkauft und das Geld bei PayPal auf dem Konto eingegangen.

Erleichterung pur!

Dann eine Nachricht des ersten Käufers:

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Da der Käufer allerdings das Porto für den Versand der Karte mitbezahlt hatte, schrieb ich ihm gleich zurück, ob ich ihm die Karte nicht zur Sicherheit doch schicken sollte.

Darauf bekam ich dann von ihm folgende Rücknachricht, die mich dann stutzig machte:

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Man hatte also bei dem Käufer, sowohl den ebay-, als auch den PayPal-Account gehackt.

Kurz darauf kam auch von ebay und PayPal die entsprechenden Nachrichten, dass die Transaktion ungültig wäre und das Geld dem Käufer rücküberwiesen wird.

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Nach dieser „Pleite“, schaute ich mit den 2. Käufer an und wurde ebenfalls stutzig, denn ich bekam folgende Nachricht:

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Dieser Satz, der absolut keinen Sinn ergab und nach einer schlampigen Google-Translator-Übersetzung klang, schrie förmlich danach, sich den ebay-Account genauer anzusehen.

Den Account des Verkäufers gab es seit 2012 und es gab ganze 9 Bewertungen, von Käufern. Allerdings alle ausschließlich positive, einsilbige Bewertungen. Und jede dieser Bewertungen waren erst im letzten Monat abgegeben worden.

Alleine das war ein Anzeichen, es bei ebay zu melden.

Das tat ich dann auch und gleichzeitig sah ich mir auch die Adresse des Käufers an, der hier aus Deutschland war.

Dank Dr. Google gab es zum Namen und der Adresse auch eine Telefonnummer.

Ich rief also an und eine tiefe Männerstimme, mit schwäbischen Dialekt hielt mich wohl für einen Spam-Anrufer und legte mir, nachdem er mir gesagt hatte, dass seine Frau sich mit so etwas wie ebay abgeben würde und diese nicht anwesend sei, den Telefonhörer auf.

Erst nach mehreren, weiteren Anrufen bekam ich die Frau ans Telefon.

Von ihr erfuhr ich, dass der Account nicht ihr, sondern ihrem Sohn gehört und dieser ebenfalls nicht anwesend sei.

Sie versprach mir, dass sie ihn sofort kontakten und er sich bei mir melden würde.

Von ebay, während dieser Zeit keinerlei Reaktion auf die Anfrage, ob der betreffende Account mittlerweile überprüft worden wäre.

Eine Stunde später rief mich dann endlich der Sohn an und er bestätigte mir meine Vorahnung.

Er hatte seinen ebay-Account seit 2012 nicht mehr benutzt und kurioser Weise hatte er gar keinen PayPal-Account.

Und doch hatte ich eine Zahlung von diesem auf meinem Konto.

Ich riet ihm, sofort sein Bankkonto zu sperren und seinen ebay-Account als gehackt zu melden.

Ein paar Stunden später hatte es dann auch ebay verstanden und stornierte die Transaktion.

Einige von den Steam-Karten, inklusive der Codes konnte dann allerdings mein Sohn doch noch verkaufen.

Er setzte diese in seinen Whatsapp-Status und plötzlich meldeten sich Interessenten.

Das Geld durft er dann auch behalten.

Mein Schwiegervater erzälte dann noch den Rest der Geschichte. Er sollte nämlich nicht nur 5 dieser Steam-Code-Karten, im Wert von je 50,- € kaufen und die Codes per Telefon übermitteln, sondern fast das zehnfache.

Zum Glück gab es wohl an der Tankstelle nicht so viele davon.

Als er dann wieder angerufen wurde, von der netten Dame, fasste er sich auch ein Herz und sagte ihr, dass er nun die Polizei deshalb eingeschalten hätte.

Er hatte sogar eine Telefonnummer bekommen, über die er dann die Codes hätte durchstellen sollen.

Eine Nummer aus der Schweiz: 0041445861067.
Also wer von solch einer Nummer, einer Frau Bekker oder mit welchem Namen auch immer angerufen wird und vor allem, wer für einen angeblichen Gewinn im voraus Geld zahlen, oder Gutscheinkarten kaufen muss, der sollte gleich den Hörer auflegen oder den Weg zur Polizei suchen.

Für mich persönlich war erschreckend, wie leicht es scheinbar auch zu sein scheint, dass ein ebay- oder sogar ein PayPal-Konto gehackt oder sogar auf falschem Namen erstellt werden und wieviel Schaden dadurch entstehen kann.
Vielleicht ist meine Kolumne eine Warnung und Lehre für alle Leichtgläubigen, auf der Hut zu sein.
Wenn durch große Versprechungen von Fremden, große Gewinne locken ist immer gesunde Vorsicht geboten.

Euer Matze Lentzsch


Für alle Interessierten, hier ein Beitrag im Sat1 Frühstücksfernsehen vom 24.042019, der einen ähnlichen Fall schildert. Hier hat die Geschädigte noch viel mehr Geld eingebüßt:

https://www.sat1.de/tv/fruehstuecksfernsehen/video/abzocke-mit-guthaben-karten-clip

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